Weihnachten halb undeutsch
Klipp, klapp zeigt mein smarter Retro-Klappzahlenwecker schon wieder halb zwei Uhr nachts an. Wenn ich mit den nun folgenden Zeilen abgeschlossen haben werde, wird es noch später sein. Aber es ist mir egal; schließlich will ich wieder einmal die Erinnerungen der letzten Wochen zusammenfassen und Aussichten auf die nächsten aufzeigen. Italo-Rock raunt im Hintergrund und gibt mir mitten in der Nacht irgendwie die Freude, dem Wecker-Klipp-Klapp auf der Tastatur Konkurrenz zu machen. 
Zuletzt, soll meinen die letzten Tage peitschte der Regen willkürlich an unsere sonst sorgfältig geputzten mannshohen Fenster. Aber auch das war mir egal: Ich saß mit bester (F.A.)ZEITungslektüre an meinem mittlerweile liebgewonnenen, antiken Frühstückstisch, schlemmte und trotzte der Witterung. Und, schau an, ich werde erlöst. Heute, jetzt, die nächste Zeit soll es Petrus der Wetterzunft zufolge erstklassig mit uns meinen, blauen Himmel mit Sonnenbrillenoption bescheren. Hach, wie sehr mich das freut.
Hinzu kommt unverschämterweise sogar noch, dass heute wie gestern Feiertag war, die Leute die Seele baumeln ließen, in der Stadt herumschlenderten und dabei ihr Lauftempo noch mehr, ja gar auf mir bislang unbekanntes Maß verringerten. Aber warum sollte mich das auch stören?! Heute reihte ich mich in sie ein, genoss die aufkeimende Adventsstimmung und kaufte ein glücklich machendes Paar Raulederschuhe. Ja, die Läden waren fürwahr geöffnet. Das Schuhangebot ist wirklich immer wieder löblich erstaunenswert: Jüngst erst konnte ich ein paar dunkelbraunen Budapestern nicht widerstehen. Dabei bin ich gar nicht der klassische Schuhfetischist, schätze eher die schönen blauen italienischen Hemden und die tollen Pullover. Aber für ein stimmiges Bild dürfen ein paar Schühchen ja auch nicht fehlen. Und wenn ich bedenke, was die weibliche Zunft so für zweifelsohne fein geformte Füße kauft (ja, ich meine auch die Mädels in Bologna, die das grad lesen oder vermutlich ganz verstohlen überlesen), macht mir das alles kein schlechtes Gewissen. In Deutschland bekommt man derlei ja auch nicht in solch Angebot – ein wunderfeines Argument, wie ich immerfort finde.
Naja, das klingt so, als würden wir den ganzen Tag nichts anderes machen als die Läden leerzukaufen. Grundfalsch, liebe Freunde. Da ist auch noch die Uni (gewesen). Den Klammerausdruck deswegen, weil für Jura das Vorlesungssemester bereits Geschichte ist und wir in die Weihnachtsferien entlassen wurden. Ja, an Nikolaus bereits. Zuvor hatte ich meine erste Prüfung zu meistern, im italienisch-europäischen Internationalen Privatrecht (sic!) – eine Präsentation eines EuGH-Urteils in Form einer italienischen "Hausarbeit" und einem mittelkurzen Referat über selbige. Sehr spannend und im Ergebnis auch erfolgreich. Die Bewertung steht zwar noch aus, aber insgesamt war ich doch recht zufrieden. Und damit ist die Unikomponente für dieses Jahr abgehakt und wir können die Vorweihnachtszeit noch angenehm verbringen.
Seit meinem letzten Geschreibe ereignete sich in der Tat Einiges. So fuhr ich Ende November nach Heidelberg, um Freunde wiederzutreffen, ein bisschen die Stadt zu genießen, den Weihnachtsmarkt auszukosten und mir auch randweise die Anarchisten anzuschauen, die den Hörsaal besetzt hatten, mittlerweile aber – nicht zuletzt wohl auch dadurch, dass ich mit meiner tollkühnen zwanzigsekündigen Anwesenheit im Hörsaal 14 einen Impuls gesetzt zu haben schien – abgezogen sind. Und so brillierte mein geliebtes Neckarstädtchen wieder durch seine charmante Kulisse und deutschuniversitäre Gründlichkeit. Am Samstagabend waren wir dann beim Gründungsfestball der Palatia (bzw. ich zuletzt sogar noch kurz bei den Schwaben) eingeladen, einem Maskenball, der wie bisher immer ausgesprochen schön ausgestaltet wurde. Nach einer flammenden, wenngleich sachlich falschen Damenrede gab es lecker Essen und auch beeindruckende Haus-Musik (die nicht mit House-Musik verwechselt werden will) der Familie eines Alten Herrn, mitsamt Wiener Schnulzen (anders heißen diese nur adH, nämlich lautmalerisch herausstechend "Schmachtfetzen") und sich später höhepunktartig anschließendem Feuerwerk. Dass 23 Uhr dann endlich die Demaskierung angesagt war, kam mir sehr zupass, hatte ich doch eine zwar schicke, aber Atmen und Essen quasi-verhindernde Maske. Sonntag dann musste ich schon wieder weichen, Alt-Heidelberg, die Feine hinter mir lassen und nach Bologna zurückeilen, weil tags darauf justamente meine Prüfung im IPR anstand.
Das in Heidelberg geborene Weihnachtsmotiv hingegen schien auch einen Sitzplatz im Flieger bekommen zu haben und begleitete mich auch inmitten italienischen Tumults weiter. Wenn es kalt wird auf der Welt, so rücken die christlichen Kulturen immer näher aneinander und man spürt Weihnachten allerorten. Diesen Sonntag erst besuchte ich einen Freund in Mailand und auch dort kamen Weihnachtsgefühle auf. Wir machten einen kleinen Giro durch die Stadt, ich konnte auch dieses Mal wieder nur beeindruckt sein vom Dom und den schönen Dingen dieser Welt alldort. Abends dann wurde der riesige Christbaum auf der Piazza del Duomo angeschaltet, es stiegen Laternen auf und Weihnachtsmusik erklang. Nicht sonderlich kitschig, genauso wenig wie die ganze Dekoration. Die Italiener beweisen in diesen Dingen doch ein bemerkenswertes Stilgefühl. Und weil ich das Essen bislang noch gar nicht erwähnt habe und Ihr Euch insofern gewiss schon wundert, sei noch vermerkt, dass wir mittags ein exzellentes Mailänder Risotto verspeisten und uns abends an einem ausgesprochen guten Aperitif erfreuten, der buffetiert mit Lachs und auch warmen Spezialitäten keine Wünsche offen ließ. Zu schade, dass der Martini dann immer so schnell alle ist...
Ach, und wenn ich schon beim Alkohol bin: Eins, zwei Tage zuvor waren wir in einer Champagner-Bar, übrigens auch mit sehr schönem Aperitif-Büffet, und hatten dort doch tatsächlich höchst merkwürdige Begegnungen. Zuerst lehrte uns der Barmann die erschreckende Funktion eines kraftgebenden Plastikkärtchens bestimmter Provenienz (völlig unbegreiflich, aber wahr), und danach begegnete uns dort auch noch ein verrückter alter Herr, ergraut und von brüchiger Physiognomie, gleichwohl mit jungenhaft glattem Gesicht, der uns von seinem Leben erzählte und zwischendrin gar sang. Alles dies erinnerte uns erschreckenderweise an das Todesmotiv in Thomas Manns "Der Tod in Venedig", wo der Todesengel Geige spielend das Hotelpublikum aufscheucht. Und dass nebenher noch immer das Seminar zu dem Werk läuft, das wir beide, die wir da abends aßen, halbregelmäßig besuchen, macht die Verwunderung über diesen insgesamt schon gruseligen, wenngleich inspirierenden Abend perfekt.
Wusstet Ihr eigentlich, dass das wohl mein letzter Blogeintrag dieses Jahres werden wird? Jedenfalls der letzte Bolognesischer Herkunft. Am 17. nämlich fliege ich für Weihnachten nach Hause und kehre dann erst am 7. Januar nach Epiphanie zurück. Nach einer (für mich) blamablen Lufthansa-Deutsche Bahn-Abstimmung nehme ich dann ab Frankfurt den Zug nach Leipzig, sodass ich am Abend des 17. eingetroffen sein sollte. Ach, da erwarten mich so viele Dinge (Geburtstage, Klassentreffen, Weihnachtsfeste, Jahreswechsel...), aber die sind nicht genuin Gegenstand meines Bologna-Blogs. Und deswegen werdet Ihr davon auch nicht so viel hierüber erfahren.
Vielmehr wird der nächste Eintrag anno 2010 dann die Dinge aufgreifen, die wir uns noch für die kommende Woche vorgenommen haben. So planen wir unbedingt noch einen Opernbesuch in Puccinis Madama Butterfly, nachdem unser letzter Aufenthalt im Rahmen von "Giselle" ausgesprochen gefällig, regelrecht beeindruckend war. Selbst das Bologneser Teatro trumpft nämlich mit herrlichen Logen auf, von denen aus das Lauschen zu noch mehr Faszination erstarkt. Ob wir es dann auch noch geschafft haben werden, das Wintermotiv in Cinque Terre einzufangen, werden Zeit und Gelegenheit entscheiden. Dieser glänzende Küstenabschnitt in Ligurien ist davon unabhängig zu jeder Jahreszeit einen Besuch wert.
Und so will, muss ich Euch, auch und gerade eingedenk der späten Stunde, mit den Gedanken an Italien allein lassen – immer hoffend, sie zu positiven machen zu können...
  
  Zuletzt, soll meinen die letzten Tage peitschte der Regen willkürlich an unsere sonst sorgfältig geputzten mannshohen Fenster. Aber auch das war mir egal: Ich saß mit bester (F.A.)ZEITungslektüre an meinem mittlerweile liebgewonnenen, antiken Frühstückstisch, schlemmte und trotzte der Witterung. Und, schau an, ich werde erlöst. Heute, jetzt, die nächste Zeit soll es Petrus der Wetterzunft zufolge erstklassig mit uns meinen, blauen Himmel mit Sonnenbrillenoption bescheren. Hach, wie sehr mich das freut.
Hinzu kommt unverschämterweise sogar noch, dass heute wie gestern Feiertag war, die Leute die Seele baumeln ließen, in der Stadt herumschlenderten und dabei ihr Lauftempo noch mehr, ja gar auf mir bislang unbekanntes Maß verringerten. Aber warum sollte mich das auch stören?! Heute reihte ich mich in sie ein, genoss die aufkeimende Adventsstimmung und kaufte ein glücklich machendes Paar Raulederschuhe. Ja, die Läden waren fürwahr geöffnet. Das Schuhangebot ist wirklich immer wieder löblich erstaunenswert: Jüngst erst konnte ich ein paar dunkelbraunen Budapestern nicht widerstehen. Dabei bin ich gar nicht der klassische Schuhfetischist, schätze eher die schönen blauen italienischen Hemden und die tollen Pullover. Aber für ein stimmiges Bild dürfen ein paar Schühchen ja auch nicht fehlen. Und wenn ich bedenke, was die weibliche Zunft so für zweifelsohne fein geformte Füße kauft (ja, ich meine auch die Mädels in Bologna, die das grad lesen oder vermutlich ganz verstohlen überlesen), macht mir das alles kein schlechtes Gewissen. In Deutschland bekommt man derlei ja auch nicht in solch Angebot – ein wunderfeines Argument, wie ich immerfort finde.
Naja, das klingt so, als würden wir den ganzen Tag nichts anderes machen als die Läden leerzukaufen. Grundfalsch, liebe Freunde. Da ist auch noch die Uni (gewesen). Den Klammerausdruck deswegen, weil für Jura das Vorlesungssemester bereits Geschichte ist und wir in die Weihnachtsferien entlassen wurden. Ja, an Nikolaus bereits. Zuvor hatte ich meine erste Prüfung zu meistern, im italienisch-europäischen Internationalen Privatrecht (sic!) – eine Präsentation eines EuGH-Urteils in Form einer italienischen "Hausarbeit" und einem mittelkurzen Referat über selbige. Sehr spannend und im Ergebnis auch erfolgreich. Die Bewertung steht zwar noch aus, aber insgesamt war ich doch recht zufrieden. Und damit ist die Unikomponente für dieses Jahr abgehakt und wir können die Vorweihnachtszeit noch angenehm verbringen.
Seit meinem letzten Geschreibe ereignete sich in der Tat Einiges. So fuhr ich Ende November nach Heidelberg, um Freunde wiederzutreffen, ein bisschen die Stadt zu genießen, den Weihnachtsmarkt auszukosten und mir auch randweise die Anarchisten anzuschauen, die den Hörsaal besetzt hatten, mittlerweile aber – nicht zuletzt wohl auch dadurch, dass ich mit meiner tollkühnen zwanzigsekündigen Anwesenheit im Hörsaal 14 einen Impuls gesetzt zu haben schien – abgezogen sind. Und so brillierte mein geliebtes Neckarstädtchen wieder durch seine charmante Kulisse und deutschuniversitäre Gründlichkeit. Am Samstagabend waren wir dann beim Gründungsfestball der Palatia (bzw. ich zuletzt sogar noch kurz bei den Schwaben) eingeladen, einem Maskenball, der wie bisher immer ausgesprochen schön ausgestaltet wurde. Nach einer flammenden, wenngleich sachlich falschen Damenrede gab es lecker Essen und auch beeindruckende Haus-Musik (die nicht mit House-Musik verwechselt werden will) der Familie eines Alten Herrn, mitsamt Wiener Schnulzen (anders heißen diese nur adH, nämlich lautmalerisch herausstechend "Schmachtfetzen") und sich später höhepunktartig anschließendem Feuerwerk. Dass 23 Uhr dann endlich die Demaskierung angesagt war, kam mir sehr zupass, hatte ich doch eine zwar schicke, aber Atmen und Essen quasi-verhindernde Maske. Sonntag dann musste ich schon wieder weichen, Alt-Heidelberg, die Feine hinter mir lassen und nach Bologna zurückeilen, weil tags darauf justamente meine Prüfung im IPR anstand.
Das in Heidelberg geborene Weihnachtsmotiv hingegen schien auch einen Sitzplatz im Flieger bekommen zu haben und begleitete mich auch inmitten italienischen Tumults weiter. Wenn es kalt wird auf der Welt, so rücken die christlichen Kulturen immer näher aneinander und man spürt Weihnachten allerorten. Diesen Sonntag erst besuchte ich einen Freund in Mailand und auch dort kamen Weihnachtsgefühle auf. Wir machten einen kleinen Giro durch die Stadt, ich konnte auch dieses Mal wieder nur beeindruckt sein vom Dom und den schönen Dingen dieser Welt alldort. Abends dann wurde der riesige Christbaum auf der Piazza del Duomo angeschaltet, es stiegen Laternen auf und Weihnachtsmusik erklang. Nicht sonderlich kitschig, genauso wenig wie die ganze Dekoration. Die Italiener beweisen in diesen Dingen doch ein bemerkenswertes Stilgefühl. Und weil ich das Essen bislang noch gar nicht erwähnt habe und Ihr Euch insofern gewiss schon wundert, sei noch vermerkt, dass wir mittags ein exzellentes Mailänder Risotto verspeisten und uns abends an einem ausgesprochen guten Aperitif erfreuten, der buffetiert mit Lachs und auch warmen Spezialitäten keine Wünsche offen ließ. Zu schade, dass der Martini dann immer so schnell alle ist...
Ach, und wenn ich schon beim Alkohol bin: Eins, zwei Tage zuvor waren wir in einer Champagner-Bar, übrigens auch mit sehr schönem Aperitif-Büffet, und hatten dort doch tatsächlich höchst merkwürdige Begegnungen. Zuerst lehrte uns der Barmann die erschreckende Funktion eines kraftgebenden Plastikkärtchens bestimmter Provenienz (völlig unbegreiflich, aber wahr), und danach begegnete uns dort auch noch ein verrückter alter Herr, ergraut und von brüchiger Physiognomie, gleichwohl mit jungenhaft glattem Gesicht, der uns von seinem Leben erzählte und zwischendrin gar sang. Alles dies erinnerte uns erschreckenderweise an das Todesmotiv in Thomas Manns "Der Tod in Venedig", wo der Todesengel Geige spielend das Hotelpublikum aufscheucht. Und dass nebenher noch immer das Seminar zu dem Werk läuft, das wir beide, die wir da abends aßen, halbregelmäßig besuchen, macht die Verwunderung über diesen insgesamt schon gruseligen, wenngleich inspirierenden Abend perfekt.
Wusstet Ihr eigentlich, dass das wohl mein letzter Blogeintrag dieses Jahres werden wird? Jedenfalls der letzte Bolognesischer Herkunft. Am 17. nämlich fliege ich für Weihnachten nach Hause und kehre dann erst am 7. Januar nach Epiphanie zurück. Nach einer (für mich) blamablen Lufthansa-Deutsche Bahn-Abstimmung nehme ich dann ab Frankfurt den Zug nach Leipzig, sodass ich am Abend des 17. eingetroffen sein sollte. Ach, da erwarten mich so viele Dinge (Geburtstage, Klassentreffen, Weihnachtsfeste, Jahreswechsel...), aber die sind nicht genuin Gegenstand meines Bologna-Blogs. Und deswegen werdet Ihr davon auch nicht so viel hierüber erfahren.
Vielmehr wird der nächste Eintrag anno 2010 dann die Dinge aufgreifen, die wir uns noch für die kommende Woche vorgenommen haben. So planen wir unbedingt noch einen Opernbesuch in Puccinis Madama Butterfly, nachdem unser letzter Aufenthalt im Rahmen von "Giselle" ausgesprochen gefällig, regelrecht beeindruckend war. Selbst das Bologneser Teatro trumpft nämlich mit herrlichen Logen auf, von denen aus das Lauschen zu noch mehr Faszination erstarkt. Ob wir es dann auch noch geschafft haben werden, das Wintermotiv in Cinque Terre einzufangen, werden Zeit und Gelegenheit entscheiden. Dieser glänzende Küstenabschnitt in Ligurien ist davon unabhängig zu jeder Jahreszeit einen Besuch wert.
Und so will, muss ich Euch, auch und gerade eingedenk der späten Stunde, mit den Gedanken an Italien allein lassen – immer hoffend, sie zu positiven machen zu können...
heideljura - 9. Dez, 02:36
  
  
 
      