Donnerstag, 19. November 2009

Cinematografisch rundumgeschaut...

Im Bett sitz ich grad, das heißt, eigentlich liege ich. Mein Blick durchs Fenster führt mich erhabenerweise (und gewiss zurecht!) auf die Due Torri, das Wahrzeichen Bolognas. Der Himmel ist wie die letzten Tage eigentlich immer eher rubin als schwarz, sepiaverschleiert gewissermaßen. Und es ist ungemütlicher geworden. Die warmen Tage sind vorbei, ein Schal ist treuer Begleiter. Dabei habe ich jetzt den echten Kaschmir-Wolle-Unterschied kennengelernt, weil der von mir neugekaufte Schal meinen alten zwar farblich übertrifft (in der Tat froschgrün), aber hanebüchen fuzzelt. Soll das das Schicksal von alimentierten Studenten sein? Aber ich will nicht klagen, dafür ist die Sache nicht zu ernst, sondern eher zu lächerlich dekadent. Kurzum: Es nieselt des Öfteren, die Temperaturen sind zwar noch angenehmer als aus deutschen Landen berichtet, aber im Ergebnis freilich herbstlich.

Ihr fragt Euch, was das alles mit Kino und Film zu tun hat, worauf ja mein Arbeitstitel hinweist? Nichts. Dazu komm ich ja noch. Vielleicht gar schon jetzt. Gerade nämlich sah ich – Zattoo und nun endlich intaktem Internet sei Dank – eine Reportage über Tannöd, diesen ominösen Mord aus den 20er Jahren auf einem bayerischen Bauernhof, worüber in diesen Tagen ein Film anlaufen wird. Und da ich frohlockend verkünd(ig)en (welche der beiden Varianten richtig ist, bleibt str., vgl. dazu Ekkehart Reimer in: Staatsrecht I, Heidelberg 2007) darf, nächste Woche an den herrlichen Neckar zu reisen, meine Heimatuni wiederzutreffen, die Landschaft zu sehen, von ihr bezaubert zu werden und zu sein, wird sich vielleicht gar eine Gelegenheit zum Kinobesuch anbieten.
Überhaupt sind Filme momentan gar nicht mal uninteressant für mich. Und zwar sogar in universitärer Hinsicht. Und so komm ich schon zu meinen Unierlebnissen. Lasst mich zeitnah beginnen. Da gibt es jetzt eine Vorlesung, die letzte Woche begann und einzig und allein Thomas Manns "Der Tod in Venedig" zum Inhalt hat. Nach, das soll heißen schon während unserer Venedig-Reise kam die Idee, die Veranstaltung doch eigentlich besuchen zu können. Bei mir wird das nicht auf Dauer klappen, weil mich die Anwesenheitsappelli teils daran hindern. Aber nun war ich schon ein paar Male dort, und es ist fürwahr sehr speziell. Sehr beeindruckend der Professore, ein gesetzter Herr, konfus im Phänotyp wie im Gange, charmant gleichwohl, und mit einer großen Portion Spaß an der Sache dabei. Unserer Hanseatin Hellen erzählte er erfreut, auch eine Zeitlang in Hamburg gelebt zu haben. Wie ich "herausfinden" konnte, war das Ende der sechziger Jahre. Der Professore wohnte, wie er erzählte, wirklich bei der Mutter von Wolfgang Borchert, dessen Gesamtwerk er justamente dort ins Italienische übersetzte. Eine Ausgabe seines fertiggestellten Werks weist der Nachlass Borcherts gar auf. Wie klein und interessant die Welt doch ist. Und im Rahmen einer der ersten Vorlesungsstunden schauten wir – um den Bogen zurückzuspannen – Viscontis Verfilmung zu Manns Werk, die ich seinerzeit in meinem Oberstufenreferat nicht habe ausfindig machen können. Und so beeindruckt nicht nur das italienische Venedig, und auch nicht nur der deutsche Schriftsteller, beides für sich gesehen von Weltruhm, sondern auch und insbesondere die Synthese zwischen ihnen, die mir klarwerden ließ, dass es wirklich toll ist, hier studieren zu können und es überflüssig wird, daneben heute noch universitäre Alltäglichkeiten anzuschneiden.

Neben jenen mehr oder (wie diesmal) weniger juristischen Exkursen nun zurück zum wahren Leben – und damit zwangsläufig und richtigerweise zum Essen. Kulinarisches steht bei uns ja immer an vorderer Stelle, und dass man hier fürstlich zu speisen vermag, bedarf keiner weiteren Affirmation: Denkt nur an meine Schilderungen der letzten Male. Und so haben wir, Max und ich, heute Abend ein leckeres Risotto gezaubert, und so werden wir dank der genialen Idee und Initiative aus Charlottes Elternhaus am Freitag auch herrlichen deutschen Grünkohl mit Mettwürstchen verspeisen und uns ausnahmsweise mal der Italoküche widersetzen. Ach ja, und letzten Sonntag haben wir dann deutsches Brauchtum (Tatort-Abend) mit italienischer "Küche" (Pizza; aber ich habe den Teig mit meiner eigenen Hände Arbeit auf dem Holzbrett ausgerollt!) melangiert und mordslüstern Sprizz, Rotwein und Bier konsumiert. Uns fehlt es also insofern an nichts.
Bis zu meiner Heidelberg-Reise, wo ich sehr hoffentlich schon vom Vorweihnachtscharme beglückt werde, gilt es auch hier, noch gute Angebote auszunützen. Morgen gehen wir erst einmal ins Ballett, "Giselle" läuft, man darf gespannt sein, ob und wie die Umsetzung gelingt.

Meine hier war gewiss etwas kurz, aber zeigt das auf, was wichtig war in den letzten Tagen und Wochen. Halb zwei Uhr nachts nun, und der Geschirrspüler will noch ausgeräumt werden. Aah, ich höre Max. Die letzten Risottoreminiszenzen sollten somit auch bald passé sein. Seid also gut auf das nächste Mal vertröstet.

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